Für Kämpfertypen
Maurice Wetekam © Ralf Kuckuck

Para Schwimmer Wetekam gewinnt erste deutsche Medaille

Bronze für Para Schwimmer Maurice Wetekam über 100 Meter Brust mit deutschem Rekord, die erste Finalteilnahme für Para Leichtathletin Jule Roß und ein ganz wichtiger Auftaktsieg für die Sitzvolleyballer: Der erste Wettkampftag bei den Paralympics in Paris mit Beteiligung des TSV Bayer 04 Leverkusen hätte kaum besser sein können.


Maurice Wetekam sicherte sich auf den 100 Meter Brust (SB9) Bronze in deutscher Rekordzeit und sorgte für die erste deutsche Medaille bei den Paralympics. Der 18-Jährige vom TSV Bayer 04 Leverkusen haute bereits im Vorlauf ordentlich einen raus: Auf den 100 Meter Brust schwamm der Dortmunder eine persönliche Bestzeit, kam nach 1:07,79 Minuten mit deutschem Rekord im Ziel an. Damit drückte er seine alte Bestzeit (1:08,89 Minuten) auf seiner Paradestrecke um mehr als eine Sekunde. Der große Formel-1-Fan feierte kurz nach dem Anschlag im Ziel mit dem "Vettel-Finger": Er hob seinen rechten Zeigefinger in die Luft, wie es der viermalige Weltmeister Sebastian Vettel nach seinen zahlreichen Grand-Prix-Siegen meist getan hatte.

Auf den zweiten 50 Metern des Vorlaufs ging dem 18 Jahre alten Schwimmer des TSV Bayer 04 Leverkusen ein wenig die Puste aus: "Hintenraus war es schon hart. Aber ich denke, das geht heute Abend nochmal 'ne deutliche Ecke schneller." Und Recht sollte Wetekam behalten: Im Endlauf steigerte er nochmals seine Bestzeit und schlug nach 1:07,04 Minuten im Ziel an. Und dieses Mal waren es die zweiten 50 Meter, die Wetekam bockstark gestaltete: "Ich habe links von mir gesehen, dass Stefano Raimondi vor mir war. Rechts von mir war der NPA-Athlet Artem Isaev vor mir. Auf gut Deutsch gesagt dachte ich mir da: Scheiße!"

Doch Wetekam zog einen wahnsinnigen Endspurt an, kämpfte sich auf den letzten 15 bis 20 Metern an den NPA-Schwimmer heran – und überholte ihn auf den letzten Metern! Artsev schlug 25 Hundertstel nach dem Deutschen im Ziel an. Der Schlussspurt machte die Bundestrainerin Ute Schinkitz in der Mixed Zone regelrecht sprachlos. Mit Tränen in den Augen schüttelte sie immer wieder ihren Kopf und freute sich für Wetekam, der kein leichtes letztes halbes Jahr hatte, vieles im Training umgestellt hatte und sich nun dafür belohnte. Gold ging an den Italiener Raimondi (1:05,28 Minuten), Silber an den Lokalmatador Hector Denayer: Der Franzose brauchte 1:05,91 Minuten für die 100 Meter Brust.

Jule Roß erreicht Finale über 400 Meter dank 0,02 Sekunden

In der Para Leichtathletik kam Jule Roß – wie Wetekam erst 18 – in 1:01,08 Minuten dank zweier Hundertstelsekunden als Gesamt-Achte ins Finale über 400 Meter der Klasse T47, das am Samstag um 21.19 Uhr startet. „Es hat sehr, sehr viel Spaß gemacht“, sagte das Nachwuchstalent, das in Kobe bei der WM im Mai Vierter über die Stadionrunde wurde: „Als ich das erste Mal in den Katakomben die vielen Menschen gesehen habe, habe ich schon Gänsehaut gehabt und erstmal probiert, die Nervosität abzulegen. Im Stadion habe ich meine Family gesehen, meine Trainerin, die anderen vom Team Deutschland. Das hat mich mega beruhigt.“

Dass sie dann knapp eine halbe Stunde im Kalten warten musste, beeindruckte sie nicht. „Man ist in Deutschland das schlechte Wetter gewohnt, es hat mich nicht eingeschränkt. Aber ich laufe lieber in der Sonne“, sagte die gebürtige Bergisch Gladbacherin und freute sich: „Das Finale war mein großes Ziel hier, dass es direkt klappt, ist mega. Ich freue mich auf morgen und hoffe, dass ich dann noch eine Schippe drauflegen kann. Ich will noch mal alles geben, damit ich am Ende zufrieden bin mit meiner Leistung – und das Ganze genießen.“

Sitzvolleyballer siegen zum Auftakt gegen Brasilien

Deutschlands Sitzvolleyballern mit gleich sieben Leverkusenern ist der erhoffte erfolgreiche Start ins paralympische Turnier geglückt. Das Team von Bundestrainer Christoph Herzog bezwang im ersten von drei Gruppenspielen Brasilien mit 3:0 (25:16, 29:31, 25:19) und hat sich damit eine gute Ausgangsposition im Kampf um das Halbfinale geschaffen. In der Gruppe mit Topfavorit und Paralympics-Sieger Iran war ein Erfolg gegen die Südamerikaner wichtig, um das Halbfinale erreichen zu können. Nur die beiden Gruppenbesten ziehen direkt in die Runde der letzten Vier ein.

Vor einer tollen Kulisse von rund 4000 Zuschauern kam das deutsche Team glänzend ins Turnier und holte den ersten Satz mit 25:16. In einem packenden zweiten Durchgang lag Deutschland von Beginn an zurück, zwischenzeitlich sogar 13:19 und 17:22. Zum richtigen Zeitpunkt aber gelang Kapitän Jürgen Schrapp und seinen Mitspielern die Aufholjagd, beim 23:23 gelang in der lauten Arena Paris Nord der Ausgleich. Beide Teams hatten Satzbälle, Deutschland nutzte seinen sechsten zum 31:29 und damit zur 2:0-Satzführung.

Im dritten Durchgang zog der Vize-Europameister von 2023 schnell auf 6:2 davon. Brasilien kam noch einmal zurück und drehte den Satz auf 15:18. Doch mit einem 10:1-Endspurt holte sich Deutschland den dritten Satz und den so erhofften Auftaktsieg. Jetzt gilt der Fokus dem zweiten Gruppenspiel am 1. September (18 Uhr) gegen die Ukraine, die ihr Duell mit dem Iran 0:3 verlor.

Parasport-Geschäftsführer Jörg Frischmann freute sich angesichts der ersten Ergebnisse der Spiele von Paris: „Es war ein perfekter Tag, so kann es gerne weitergehen.“ 

Texte: Patrick Dirrigl, Nico Feißt, Stefanie Bücheler-Sandmeier / DBS 


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