Für Kämpfertypen
Die Sitzvolleyballer mit Paris-Ticket

Paralympics in Paris: Bayer-Sitzvolleyballer qualifiziert, Schwimmer mit Norm

Die Parasport-Abteilung des TSV Bayer 04 Leverkusen ist das Aushängeschild im paralympischen Sport in Deutschland – und seit Jahrzehnten zuverlässiger Medaillengarant. Für die Paralympics in Paris, die am 28. August eröffnet werden, konnten sich am Wochenende die deutschen Sitzvolleyballer mit einem großen Leverkusener Block qualifizieren, zwei Para Schwimmer unterboten die geforderten Normen – Parasport-Geschäftsführer Jörg Frischmann hofft auf ein möglichst großes TSV-Team.


Noch 200 Tage sind es bis zur Eröffnungsfeier am Place de la Concorde im Herzen Paris und bereits jetzt gehen die Qualifikationen um die letzten Plätze für die Spiele in die entscheidende Phase. Aus Leverkusener Sicht gab es am Samstagabend großen Jubel – die Sitzvolleyballer, bei denen mit Dominik Albrecht, Magnus Fischer, Stefan Hähnlein, Thomas Renger, Lukas Schiwy, Jürgen Schrapp und Mathis Tigler gleich sieben Spieler zur deutschen Nationalmannschaft zählten, qualifizierten sich als siebtes von acht Teams für die Paralympics, obwohl sie im Trainingslager weilten und gar nicht spielen mussten.

Wie das geht? Neben Gastgeber Frankreich und Weltmeister Iran waren die jeweiligen Kontinentalmeister direkt für die Paralympics qualifiziert: Brasilien, Kasachstan, Bosnien/Herzegowina standen bereits fest, es fehlte der Afrikameister. Zudem ging ein Platz an das beste noch nicht qualifizierte Team beim Weltcup Mitte November in Ägypten, das letzte Ticket wird Anfang April im chinesischen Dali bei einem Qualifikationsturnier ausgespielt.

Da Deutschland beim Weltcup hinter Paralympicssieger und Weltmeister Iran sowie Ägypten landete und Ägypten am Samstagabend souverän Afrikameister wurde, bekam Deutschland nachträglich als drittplatzierte Mannschaft des Weltcups den Platz für die Paralympics zugesichert und dürfen nun in der Paris Arena Nord aufschlagen. „Paris, Paris, wir fahren nach Paris“, sangen die Sitzvolleyballer im Trainingslager, nachdem der ägyptische Finalsieg sicher war.

Zwei TSV-Sitzvolleyballerinnen spielen im April ums letzte Ticket

Nun kann die ganze Konzentration der Paralympics-Vorbereitung gelten, was auch für den Nationaltrainer praktisch ist: Christoph Herzog muss jetzt nicht mit zwei Mannschaften zum Quali-Turnier ins chinesische Dali reisen, sondern kann sich dort voll und ganz auf die Frauen konzentrieren, die sich vom 3. bis 10. April die erste deutsche Paralympics-Teilnahme sichern wollen.

Schon beim Weltcup in Ägypten ließen sie die Ukraine und Slowenien als vermeintlich stärkste Konkurrentinnen hinter sich, würde Deutschland das Turnier gewinnen, hätte der TSV Bayer 04 Leverkusen auch zwei Sitzvolleyballerinnen bei den Paralympics in Paris dabei: Ronja Schmölders und Sonja Scholten.

Wer die Sitzvolleyballer noch live sehen möchte vor den Paralympics, hat vom 28. bis 30. Juni in Leverkusen die Gelegenheit dazu: Beim Theodor-Zühlsdorf-Cup testet das Männer-Nationalteam gegen eine Leverkusener-Auswahl, den mehrfachen Champions-Cup-Sieger OKI Fantomi Sarajevo und gegebenfalls das ukrainische Nationalteam, das beim Weltcup hinter Deutschland Vierter wurde und in China auf das letzte Paralympics-Ticket hofft.

Para Schwimmen: Taliso Engel und Maurice Wetekam mit Normerfüllung

Im Para Schwimmen sieht es aktuell nach zwei Leverkusener Teilnehmern in der La Défense Arena aus – doch die haben beide auch Medaillenchancen, allen voran Taliso Engel, der im August mit nur 22 Jahren als aktueller Paralympicssieger, dreifacher Weltmeister und Europameister über 100 Meter Brust nach Paris reisen dürfte – seinen EM-Erfolg von 2021 könnte er im April sogar noch mal wiederholen. Der Ausnahmeschwimmer hat zwar ein schweres Jahr hinter sich – im Januar 2023 ertaubte er zusätzlich zu seiner Sehbehinderung auf einem Ohr und hatte immer wieder krankheitsbedingte Trainingsausfälle – doch im richtigen Moment war er immer zur Stelle. Am Samstag stieg er mit starken 1:04,10 Minuten über seine Paradedisziplin in die Saison ein – nur etwas mehr als eine Sekunde über seinem Weltrekord.

Maurice Wetekam beschenkte sich am Samstag bei den Para Swimming World Series im schottischen Aberdeen eineinhalb Wochen nach seinem 18. Geburtstag selbst, als er in 1:11,11 Minuten im Vorlauf über 100 Meter Brust die Norm für die Paralympics unterbot und diese im Finale mit 1:11,47 Minuten noch mal bestätigte. Der Newcomer holte zuletzt 2022 und 2023 WM-Silber – Paris wären seine ersten Paralympics.

Para Leichtathletik: Vier „sicher“ mit WM-Titel

Während im Schwimmen also zwei von zwei ihren Platz vorbehaltlich der Nominierung so gut wie sicher haben, ist es in der Para Leichtathletik noch unklar. Für die vier Aushängeschilder – Markus Rehm, Johannes Floors, Léon Schäfer, Irmgard Bensusan – die im vergangenen Juli in Paris alle WM-Titel holten und Weltrekorde in ihren Startklassen halten, dürfte die Normbestätigung nur „Formsache“ sein, wenn sie fit blieben, sagt Parasport-Geschäftsführer Jörg Frischmann: „Sie sind alle auf einem sehr guten Weg und werden in Paris sicherlich auch um die Medaillen mitsprinten und -springen.“ In der Halle lassen sich alle aber noch nicht in die Karten schauen, lediglich Floors deutete mit 7,45 Sekunden beim ISTAF Indoor in Düsseldorf am Sonntag über 60 Meter an, dass er bestens drauf ist.

Dahinter müssen die Nachwuchsathletinnen und -athleten um die Normen und vor allem Slots kämpfen, die Deutschland Startplätze für die Spiele garantieren. Bei der WM im Mai im japanischen Kobe bekommen jeweils die beiden Erstplatzierten einen, zudem werden Deutschland Plätze über ein Qualifikationsranking zugeteilt, erklärt Frischmann: „Selbst bei Normerfüllung ist nicht sicher, dass unsere Athletinnen und Athleten dann auch nach Paris fahren.“

Para Leichtathletik: Nachwuchstalente mit guter Hallensaison

Die 22 jahre junge Nele Moos, die in Paris überraschend WM-Bronze im Weitsprung gewonnen hatte und die 17-jährige Jule Roß verbesserten in der noch jungen Hallensaison bei drei Starts immer ihre Bestleistungen, Nele Moos hakte über 400 Meter im Rahmen der World Athletics Indoor Tour im französischen Metz am Samstag sogar die Paralympics-Norm ab.

Auch Weitspringer Noah Bodelier darf sich Hoffnungen machen und wird ebenso wie Moritz Raykowski und Kim Vaske alles daran setzen, sich für Paris zu qualifizieren. Raykowski startet in dem kommenden Tagen bei drei Wettkämpfen in den Vereinigten Arabischen Emiraten ebenso wie Speerwerferin Lise Petersen, die 2021 in Tokio jüngste deutsche Athletin war. Tom Sengua Malutedi und Philipp Waßenberg konnten bislang aufgrund von Verletzungen ebenfalls noch keinen Wettkampf machen, haben aber auch Paralympics-Ambitionen.

Die letzte Chance zur Normerfüllung bietet sich in der Para Leichtathletik ausgerechnet auf der heimischen Fritz-Jacobi-Anlage: Am 6. Juli beim Para Leichtathletik Heimspiel könnten die letzten Entscheidungen mit Blick auf Paris 2024 fallen, bevor am 19. Juli der Deutsche Behindertensportverband sein Team bekanntgeben wird. Parasport-Geschäftsführer Jörg Frischmann geht davon aus, dass bis dahin auch drei weitere Tickets mit dem Bayer-Kreuz sicher sind: Der Grieche Stelios Malakopoulos, die Japanerin Tomomi Tozawa und die Schweizerin Elena Kratter starten ebenfalls für den TSV, trainieren in Leverkusen und reisen mit Medaillenambitionen nach Paris.

„Ich gehe davon aus, dass wir mit 16 bis 20 Athletinnen und Athleten nach Paris reisen“, rechnet Frischmann für das international aufgestellte Team vor: „Sieben Sitzvolleyballer, fünf Para Leichtathleten und zwei Leichtathletinnen sowie die zwei Para Schwimmer dürften fix sein. Bei unseren Nachwuchstalenten in der Para Leichtathletik hoffe ich, dass es auch noch einige schaffen – wir geben alles, damit sich dieser Traum für sie erfüllt.“


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